ARCHITEKTEN - STADTPLANER - INGENIEURE

Barockkirche
St. Peter und Paul

Hilzingen

Abnahme des 12m hohen Turmhelms


Die Kirche St. Peter und Paul wurde in nur vier Jahren im Auftrag des Benediktinerklosters Petershausen unter Abt Alphons Strobel und seinem Nachfolger Michael Sauter erbaut. Die Grundsteinlegung erfolgte im Juli 1747 und die Weihe der Kirche am 26.09.1751. Das Äußere ist fein gegliedert und sehr zurückhaltend.





Der sehr schlanke 46 Meter hohe Turm mit seiner Laterne und den beiden welschen Hauben ragt zu einem Drittel aus dem Sprenggiebel. Das sechsachsige Kirchenschiff ist mit zwei Apsiden konchenähnlich ausgeweitet und schafft so Raum für vier Nebenaltäre, die den Blick zum Hochaltar als Mittelpunkt lenken. Anhand von Stilvergleichen ist sie dem Baumeister Peter Thumb zuzuschreiben, der zeitgleich die Wallfahrtskirche Birnau erstellte. Hilzingen bildet am Ende der Barockzeit ein einzigartiges Zeugnis süddeutscher Saalkirchen am Übergang zum Rokoko.

Die tätigen Maler Benedikt Gambs und Franz Ludwig Herrmann, der Stukkateur Johann Georg Gigel, der Kunstschmied Johann Jakob Hofner und der Bildhauer Dominikus Hermenegild Herberger schufen ein Gesamtkunstwerk mit einer harmonischen Ausstattung, die in sich klar strukturiert und nicht überladen ist. Das Orgelgehäuse aus unbekannter Werkstatt ist in seiner Gestaltung mit dem filigranen Aufbau einzigartig. Leider ist die bauzeitliche Orgel, die wahrscheinlich aus der Werkstatt Johann Michael Bihler stammt, nicht erhalten.

Restauratorin bei der Arbeit


Zur Eruierung der notwendigen Maßnahmen und zur Erarbeitung eines Renovationskonzepts wurde im Rahmen eines Vorprojekts das gesamte Objekt im Bereich von Musterachsen untersucht. Aufgrund der Wasserschäden an der Spiegeldecke musste das ursprünglich reine Innenrenovationsprojekt auch auf eine Außenrenovation erweitert werden.

Da für die Reparaturen im Dachbereich das Gebäude eingerüstet wurde, konnten auch die Putzfassaden, die Natursteinflächen und die Verglasungen überarbeitet werden. Aufwendigste Maßnahme am Äußeren war sicherlich die statische Ertüchtigung der Turmlaterne.

Aufgrund der starken Schädigung des Gebälks wurde letztendlich die gesamte Konstruktion herabgenommen und im Schulhof saniert. Über die bisher selten durchgeführte Abnahme eines kompletten Turmaufsatzes wurde ein ausführlicher Beitrag in der Abendschau des SWR gesendet.



Im Zuge dieser Maßnahme konnte auch ein zusätzlicher Glockenstuhl mit zwei neuen Glocken zur Entlastung des mittelalterlichen Geläutes im Bereich der Turmuhren eingebaut werden.

Neuer Glockenstuhl


Das Vorprojekt zeigte, dass die Raumschale grundsätzlich nur gereinigt werden musste. Nur wenige Stellen im Bereich von Wasserschäden und mechanischer Beanspruchung wurden retuschiert bzw. neu gefasst. Aufwendiger waren die Schäden an der Stuckdecke. Die Malschicht war zum Teil aufgerollt oder bereits abgefallen.

Orgelpfeifen auf den Flammenbretter aufgesetzt


Am schwerwiegendsten waren jedoch die Schäden am Deckenbild über der Orgel, bei dem sich bereits die Unterseite der Stuckdecke von der Spalierlattung bzw. der Bockshaut gelöst hatten. Eine aufwendige statische Berechnung zeigte, dass die Spantenkonstruktion der Stuckdecke statisch tragende Funktion übernommen hatte. Aus diesem Grund mussten Deckenabhänger, die unter Druck standen, entfernt werden. Dies führte zu Entspannung der Decke, vorhandene Risse schlossen sich. Trotzdem mussten die Schollenbildung des Deckenputzes durch aufwendige Injektionsverfahren wieder gefestigt werden.

Die Oberfläche der Leinwandgemälde wurden gereinigt und die krepierten Überzüge und Retuschen abgenommen. Die Malschichtausbrüche wurden gekittet, die Malschichten gefestigt, wo notwendig Retuschen vorgenommen und abschließend eine Firniss aufgebracht. Die Silber- und Metallgegenstände, wie z.B. das barocke Vitus Reliquiar, die Kelche und Monstranzen wurde ebenfalls gereinigt, Beulen entfernt, und teilweise neue Schutzlackierungen aufgebracht.

Die erheblichen Schäden an der Sichtfassung der Skulpturen und an den Stuckputen konnten durch aufwendiges Niederlegen der zahlreichen Farbschichten vergangener Renovationen beseitigt werden. Insgesamt schien ein sehr trockenes Klima mitverantwortlich für die Schädigungen.

Um künftig auf die Veränderungen des Raumklimas reagieren zu können, wurden einerseits ein Klimamonitoring installiert, andererseits ein neues Heizsystem in den Gestühlsboden integriert.

Neuer Zelebrationsaltar und Ambo


Nach dreißig Jahren des Organistendienstes in der Barockkirche war es Andreas Wieser ein besonderes Anliegen den Klang der Orgel auf dem barocken Raum und seiner Anforderungen abzustimmen. Die Kirchengemeinde hat sich aufgrund der starken Beschädigung des wertvollen Gehäuses, den daraus resultierenden Stabilitätsproblemen und der geringen Qualität der in den 1960er Jahren eingebauten Orgel entschlossen, ein neues Instrument einbauen zu lassen. Dabei konnten in der Sockelzone die wieder aufgefundenen historischen Seitenteile eingebaut werden. Als Besonderheit konnte die Windführung zu den Prospektpfeifen wieder über flammenförmigen Kondukten realisiert werden. Dem Orgelbauer ist es gelungen trotz des sehr kleinen Gehäuses ein zeitgemäßes Instrument zu schaffen, dessen Klang dem Raum gerecht wird. Das hat die Katholische Kirchengemeinde Hilzingen und die Gemeinde Hilzingen bewogen, die Orgelkonzertreihe „Hilzinger Barocksommer“ ins Leben zu rufen.

Ablösende Farbschichten am Deckenbild


Die Barockkirche hatte über viele Jahre hinweg nur ein Holztisch als Volksaltar. Im Rahmen eines Künstlerwettbewerbs entschied sich die Kirchengemeinde einen neuen Zelebrationsaltar von Peter Sandbichler, Wiesen herstellen zu lassen, farblich passend zu den Stuckaltären, jedoch in der Formgebung überzeichnet und aus echtem Marmor gefertigt.